Martinique

Nach unserer Atlantiküberquerung bleiben wir vier Wochen in der Anchorage von Le Marin im Süden von Martinique. Zuerst gönnen wir uns einige Tage Ruhe und Erholung, mit ausgiebig schlafen, zur Happy Hour in die Mango Bay Bar gehen und mit anderen Seglern ausführlich Fachsimpeln und Erfahrungen austauschen. Dort lernen wir den „Master of the Anchorage“ Kaktus kennen. Günter lebt mit Marianne seit 15 Jahren in der Karibik und wir hören seinen Spruch: “Jeder Segeltag ist ein verlorener Hafentag!“ Wir liegen vor Anker in der angenehm ruhigen, gut geschützten Bucht gegenüber der Marina von Le Marin, genießen ohne Geschaukele gutes Essen und „düsen“ eben mal mit unserem *Cabrio ohne Spritzverdeck* durch die mit Riffen nur so gespickte Bucht, um beim Leader Price einzukaufen oder in die Carenage, das ist die Werft mit allem was der Segler so braucht, etwas zu besorgen. Die SY Knaatsche mit Skipper Hans und Mitsegler Norbert hat nun ebenfalls den Atlantik überquert und wir begrüßen und beglückwünschen  beide gebührend und *ausgiebig*.

Hans kam als Letzter
Gerdi und Ulli gingen als Quartiermacher voraus

Was macht Ihr denn so den ganzen Tag?“ werden wir oft gefragt. „Ihr habt doch Zeit ohne Ende!“  Schön wär’s. Einen bis zwei Tage braucht man immer, um sich zu orientieren, was gibt es wo? Wo kann man Wasser und Diesel zu welchem Preis bunkern, wo sind die Lebensmittel am günstigsten, wo klariert man ein, welche Yachthändler haben was? Solche Liegezeiten vor Anker, wo alles, was zum Instandsetzen benötigt wird, in unmittelbarer Nähe erreichbar ist, nutzen wir natürlich um all die kleinen und größeren Schäden  wieder in Ordnung zu bringen. So hat Helmut zusammen mit Hans alle Wartungsarbeiten und Filterwechsel am Motor durchgeführt, das hat einen ganzen Tag beansprucht.

Das Vorfall riß bereits kurz hinter den Cap Verden
Ein gerissenes Kardeel ist nur sehr schwer zu erkennen

Das Rigg musste wegen dem gebrochenen Genuafall überprüft werden, dazu war es notwendig, in die Marina zu verlegen. Wenn man denkt, das ist in einem oder zwei Tagen erledigt, weil ja sonst alles in Ordnung ist, dann kommt das dicke Ende meistens noch nach. Der Riggmeister, Philippe, stellte  4 angebochene Wanten fest und die Großfall sei auch nicht mehr die Beste. So liegen wir 1 Woche am Steg und erneuern die frisch gepressten Terminals und Wanten mit  Hilfe von Ulli und Hans. Helmut klettert  dabei täglich mindestens 4-5 Mal auf den Mast.

Während dessen darf ich dann richtig mit Süßwasser plantschen, den Teppichboden von den Flecken der Atlantiküberquerung befreien, alles mal wieder gründlich sauber machen, ohne auf den Wasserverbrauch achten zu müssen. So ganz nebenbei geht der normale Tagesablauf mit einkaufen, Essen kochen und abwaschen von Hand weiter. Nach 5 Wochen ohne vernünftige Waschmaschine hat sich auch ne ganze Menge schmutzige Wäsche angesammelt. Die wird sortiert, in den Seesack gepackt, ins Dingi verladen und ab geht’s durch die ganze Bucht zum Waschsalon mit Self-Service, weil der billiger ist. Wenn man früh genug dran ist, sind auch eine oder zwei Waschmaschinen frei und man kann gleich loslegen. Nach 40 Minuten ist dann ein Waschgang mit 7 kg Wäsche beendet und im großen Trockner ist die Wäsche in 15-20 Minuten trocken. Um nicht den ganzen Tag im Waschsalon zubringen zu müssen, schleppe ich die nasse Wäsche dann wieder an Bord und hänge sie in den Wind, das spart dann auch noch den Weichspüler.

Als ein richtiger *Zeitdieb* stellt sich die Nutzung des kostenlosen Wireless Lan in der Mango Bay Bar heraus. An Bord verpacken wir als erstes den Laptop mit Netzkabel, Kopfhörer, diversen CDs  und  Wireless-Lan-Karte, sowie Internetadressen, Pins und Tans fürs Banking in einen wasserdichten Sack. Dann werden am Schiff  alle Luken geschlossen, alles weggeräumt (es könnte ja wieder einen der häufigen heftigen Regenschauer geben) und die Luke wird abgesperrt. Dingi klarmachen, Kette mit Schloss nicht vergessen, Ersatzkanister und Handfunke sind auch dabei und nach 15 Minuten Fahrzeit sind wir am Dingisteg der Mango Bay Bar. Natürlich haben wir den Müll auch gleich mitgenommen. Am Dingisteg schließen wir das Boot wieder mit der Kette ab und rein geht’s in die Bar. Da sitzen sie auch schon wieder,  mindestens 10 Segler und surfen im World Wide Web. Telefonieren mit Skip (Voice over IP) ist dann nur schwer möglich. Auch die Steckdosen für die Stromzufuhr des Laptop sind wieder alle belegt und ständig hämmert die Musik aus den Lautsprechern. Da kann kein Mensch einen klaren Gedanken fassen. Wegen der Zeitverschiebung zu Europa (Ortszeit plus 5 Stunden) müssen alle geschäftlichen Mails/Telefonate bis  Mittags erledigt sein und das wissen natürlich alle. Zu all dem kommt dann noch, das das Netz nicht sehr stabil ist oder gerade dann aus technischen oder organisatorischen Gründen (weil der Platz fürs Mittagessen gebraucht wird) abgeschaltet wird, wenn man ein Programm gerade runterlädt oder ein wichtiges Gespräch mit seiner Versicherung führt. Also alles wieder einpacken und die ganze Prozedur rückwärts und am nächsten Morgen einen neuen Versuch starten. Nix erreicht, aber 3 Stunden sind vergangen. Das ist dann richtig „nervenzerfetzend“, Originalton Victor.

Ast eines Affenbrotbaumes mit Früchten
Zuckerrohrfeld

Mit dem Eintreffen der SY Knaatsche haben innerhalb weniger Wochen nun insgesamt fünf ehemalige Bodenseesegler vom Trockenliegeplatz Friedrichshafen den Atlantik auf eigenem Kiel überquert und sind in Martinique eingetroffen. Als wir vor ca. 15 Jahren zum erstenmal vom Atlantik träumten, wurden wir ausgelacht und keiner hätte geglaubt, dass sich diese Träume wirklich einmal erfüllen werden werden.

Von links: Gerdi und Ulli, Renate und Helmut, und Hans

Wir entdecken dieses französische Departement mit karibischem Ambiente noch einmal für uns. Die Fahrt in den Norden der Insel, in die ehemalige Hauptstadt St. Pierre, führt uns, vorbei an den lärmend geschäftigen „Zone Commerciale“ vor Fort de France, durch endlose Bananenplantagen und kleine aber feine karibische Dörfer an der Westküste. Die in der Kolonialzeit blühende Hauptstadt St. Pierre wurde am 8. Mai 1902 durch den Vulkanausbruch des Mont Pelee  vollständig zerstört, alle Einwohner (rund 30.000 Menschen) starben, nur ein einziger überlebte die Katastrophe, nämlich ein Gefangener in seiner Gefängniszelle. Noch heute kann man die Ruinen des ehemaligen Theaters und Mauerreste von Prunkbauten sehen. Das neu gestaltete Museum zeigt eindrucksvoll die Ausmaße der Zerstörung.

Entlang des Mont Pelee (1397 m) durchfahren wir üppig grünen tropischen Regenwald mit Brotfruchtbäumen, Palmen, Hecken mit Bougainville und Hibiskus in allen Farben und zur Ostküste hin die immer wieder hellgrün wogende Felder mit Zuckerrohr, das jetzt im Februar bis Mai geerntet wird. Da können wir uns die Besichtigung einer Rumdestillerie (Saint James) und die Verkostung der verschiedenen Rumsorten nicht entgehen lassen. Die anschließende Besichtigung des Bananenmuseum mit den 200 verschiedenen Bananenpflanzen, Anbau, Vermarktung und Nutzungsmöglichkeiten ist hochinteressant und lehrreich.

Brotfruchtbaum mit Früchten

Der Rückweg nach Le Marin führt uns entlang der schroffen, mit vorgelagerten Riffen bestückten Ostküste, die der ständigen Atlantikdünung ausgesetzt ist. Ein Tag ist natürlich viel zu wenig Zeit für eine solche Insel, aber wir haben schon mal einen Überblick bekommen. Bei der nächsten Tagesfahrt besuchen wir dann die Rumdestillerie La Mauny und werden bei der Führung ausführlich über das Verfahren der Herstellung des „Rum Agricole“ aufgeklärt, die anschließende „Degustation“ ist selbstverständlich. Auf der Rückfahrt kaufen wir an einem der vielen Obststände an der Straße frische Ananas (5 Stück für 6 €) in unterschiedlichen Reifestadien ein. Die Ananas werden nämlich im Süden von Martinique angebaut und sind nirgends frischer und preiswerter als hier. Die Bilderbuchstrände am Südzipfel der Insel werden wir Ende Mai, wenn wir wieder zurück in den Süden der Karibik gehen, noch ansehen.

Jetzt geht’s erst mal weiter nach Guadeloup, St. Maarten und St. Thomas und den BVIs.

Gebrochenes Genuafall
Gebrochenes Oberwant

Wir nehmen uns einen Tag *frei*,  mieten beim „Bichik in der Carenage“ ein Auto und machen zusammen mit Hans und Norbert eine Inselrundfahrt. Am 15. Juni 1502, auf seiner zweiten Reise in die Neue Welt und auf der Suche nach dem Seeweg nach Indien betrat Christopher Columbus diese smaragdgrüne Insel. In der Sprache der karibischen Indianer, die aus dem Orinoko-Tal stammten und hier gesiedelt hatten, hieß Martinique: Madinina, die Insel der Blumen, was sicher der einzig richtige Name für diese Insel ist.

Blumen wachsen hier wie Unkraut

Fünf frische Ananas für sech Euro
Zuckerrohrfeld vor der Ernte